Ruhestand: weder Ruhe noch Stand
Nicht nur die Knochen können mit zunehmendem Alter "morsch"werden. Auch wenn wir irgendwann zwischen dem 60er und der Rente auf das zu schauen beginnen, was man als Lebenswerk bezeichnet, wird so manches Totholz sichtbar. Leistungen, Tätigkeiten, die vielleicht einmal kraftvoll und wirksam waren, aber nun "in die Jahre gekommen" sind.
Im Bayerischen Wald, der mein bevorzugtes Ziel für Tageswanderungen ist, kann man diesen Prozess des Absterbens und neuen Wachsens eindrücklich studieren. Es braucht viele Jungpflanzen, von denen nur wenige zu starken Bäumen heranwachsen werden.
Immer wieder neu "pflanzen"
Aber hört dieser Prozess des Pflanzens und des Neubeginns mit der Rente auf? Das Wort Ruhestand legt diese Vermutung nahe. Ruhe, Stehenbleiben - das ist nach einem arbeitsreichen Leben durchaus verlockend. Und wenn das Werkzeug nicht nur der Kugelschreiber und die Computertastatur waren, sondern die Spitzhacke, der Kabelbaum oder die Stahlseile am Bau waren, oder wenn Wirbelsäule und Bandscheiben durch das schwere Heben in der Pflege in Mitleidenschaft gezogen sind, ist etwas Ruhe schon um der Gesundheit willen notwendig.
Doch spätestens nach einem halben Jahr wird klar: Immer Urlaub lässt Leere entstehen. Ganz von selbst ordnet sich das Leben neu - es ist nur die Frage, ob wir die Wandlung bewusst und aktiv gestalten oder ob es unbewusst geschieht. Ich möchte dazu ermutigen, den Übergang als Chance zu verstehen und drei Schritte ganz bewusst zu vollziehen:
1. Erstelle Dein "Lebens-Album". Freue Dich an allem was gelungen ist; und versöhne Dich mit Niederlagen und Schmerzen.
Nicht nur Fotoalben vergilben und Festplatten werden unbrauchbar; auch unsere Erinnerungen tauchen im Unbewussten unter. Nicht selten tauchen sie dann ganz unvermutet auf; wir werden plötzlich agressiv oder traurig, weil alte Erfahrungen berührt werden.
2. Schau um Dich herum und horche in Dich hinein, was Deinem Leben "Sinn" gibt. Wofür schlägt Dein Herz? Wofür "brennst" Du?
Schon beim Rückblick kann es geschehen, dass wir uns freuen über bestimmte Erfahrungen. Wann war ich glücklich? Und was habe ich da getan - für mich oder auch für andere? Wofür bist DU auf dieser Erde? Was kannst Du dieser Welt geben, was sonst niemand anders geben kann? - Es ist eher ungewohnt, so positiv auf sich selbst zu schauen; Eltern, Lehrkräfte und Umwelt lehren eher den (selbst)kritischen Blick. Aber Energie kommt nicht aus der Kritik, sondern aus der Lebensfreude und der Lebensenergie.
3. Bleibe neugierig und interessiert; höre niemals auf zu lernen.
Es ist viel wahres an dem alten Sprichwort: "Wer rastet der rostet". In der Demenz-Forschung ist längst erwiesen, dass Menschen, die ihr Leben lang und eben auch im Alter sich mit neuen Themen befassen, Neues lernen und immer wieder die Welt erforschen, länger gesund bleiben. Es ist nicht entscheidend, ob es eine neue Fremdsprache ist oder die Beschäftigung mit dem Smartphone und der digitalen Welt, oder ob es das Engagement in einer Initiative oder einem Verein ist - Hauptsache neu, ungewohnt, herausfordernd, spannend und Nahrung für die Gehirnzellen.
Es ist eine gute Möglichkeit, sich beim Übergang vom Berufsleben in Pension oder Rente auch von anderen unterstützen zu lassen. Das kann ein guter Freund oder eine Vertraute sein, aber auch ein begrenztes Coaching durch einen "Experten für Lebens-Übergänge". Ein Coaching-Angebot finden Sie auch auf meiner Webseite.
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