Mit Resilienz durch den Nebel der Unsicherheit
Wer schon einmal in einem nebelverhangenen Laubwald gestanden hat, weiß, wie desorientierend das sein kann. Die Bäume, die eben noch klar und fest wirkten, verschwimmen zu Schatten, werden zu bedrohlichen Riesen. Der Weg, der so vertraut schien - nach wenigen Metern nicht mehr erkennbar. Unsicherheit breitet sich aus – genau wie die Unsicherheit, die weltweit viele Menschen in diesen Wochen und Monaten spüren: ausgelöst durch die Wahl von Donald Trump, das Zerbrechen der deutschen Regierungskoalition, die Kriege in Gaza und der Ukraine und viele andere Krisen.
Momente des Nebels, ob im Wald oder in der Politik, fordern uns heraus. Doch sie bieten auch eine Gelegenheit, Resilienz zu entwickeln – die Fähigkeit, trotz widriger Umstände klar zu bleiben und gestärkt nach vorne zu gehen.
Was uns der Nebel lehrt
Ein dichter Nebel, wie der auf dem Bild, ist Symbol für die Verwirrung und Unvorhersehbarkeit unserer Zeit. Politische Entscheidungen scheinen irrational, widersinnig, Konflikte unvermeidlich, und viele fragen sich: „Wohin führt das alles?“ Doch Nebel birgt auch eine wertvolle Lektion: Er zwingt , innezuhalten und unsere Wahrnehmung neu zu ordnen und zu schärfen.
Anstatt sich auf die Unsicherheit zu fokussieren, ist es sinnvoller, sich auf das zu konzentrieren, was greifbar ist. Genau das tun Menschen, die sich in nebligem Gelände sicher bewegen: Sie richten ihren Blick auf den nächsten Schritt, nicht auf das, was in der Ferne liegt. Zugleich erinnern sie sich daran, dass der Nebel die Landschaft zwar verdecken, aber nicht zerstören kann.
Resilienz: Ein innerer Kompass für stürmische Zeiten
Resilienz bedeutet nicht, die Herausforderungen zu ignorieren oder die Unsicherheit zu leugnen. Es bedeutet, sich bewusst zu entscheiden, wie man darauf reagiert. Hier sind vier zentrale Schritte, die helfen können, gut und wohlbehalten durch den Nebel der Unsicherheit zu kommen:
1) Den Fokus finden
Statt sich von den zahllosen Unsicherheiten ablenken zu lassen, richten resiliente Menschen ihre Aufmerksamkeit auf das, was sie kontrollieren können. Fragen Sie sich: Welche Aspekte der Situation haben wirklich eine Bedeutung für mich? Auf welche Umstände habe ich Einfluss - und auf welche nicht? Praktizieren Sie bewusst „digital detox“, reduzieren die Nachrichtenflut.
2) Emotionen regulieren
Unsicherheit weckt oft Angst. Diese Emotion ist normal, kann aber lähmend wirken. Resiliente Menschen lernen, ihre Gefühle zu erkennen und zu managen. Atemübungen, Dankbarkeits-Meditation oder ein Gespräch mit einer vertrauten Person können helfen, einen klaren Kopf zu bewahren. Hilfreich ist es auch, Nachrichten ohne die Emotionalisierung von Bild und Ton nur noch in Textform zur Kenntnis zu nehmen.
3) Die sanften Stimmen hören
In verwirrenden Zeiten werden Katastrophen-Szenarien besonders laut verbreitet. Außerdem verstärken und potenzieren sich solche Stimmen durch ständiges Wiederholen. Es kann deshalb hilfreich sein, gleichsam Kopfhörer mit „Noise-Cancelling“ aufzusetzen und auf die ganz leisen Stimmen und Stimmungen zu achten. Achtsames, leises Vorangehen oder Meditation können dabei helfen.
4) Netzwerke stärken
Niemand muss durch den Nebel alleine gehen. Genau wie Wanderer in einer Gruppe sicherer sind, profitieren auch wir von starken sozialen Verbindungen. Investieren Sie in Beziehungen, die Sie unterstützen, und suchen Sie den Austausch mit Menschen, die Ihnen Mut machen.
Das Licht am Ende des Weges
Auch der dichteste Nebel lichtet sich irgendwann. Doch während wir noch mitten im Nebel stecken, können wir uns bereits auf unsere inneren Ressourcen verlassen und vorsichtig und mit Bedacht die nächsten Schritte gehen. Mit jedem Schritt entwickelt sich auch unser Vertrauen in den Prozess. Denn der übernächste Schritt zeigt sich erst, wenn wir den nächsten gegangen sind.
In der systemischen Arbeit betrachten wir den Menschen als Teil eines größeren Systems. Die politische Unsicherheit mag wie ein Sturm wirken, der uns aus der Bahn wirft, aber sie ist auch eine Chance: eine Chance, unsere Werte, unsere Widerstandskraft und unser Vertrauen in unsere eigene Fähigkeit zu reflektieren.
So wie der Wald seine Struktur behält, auch wenn er im Nebel verschwindet, so können auch wir unser inneres Gleichgewicht bewahren, ja gerade in solchen fordernden Zeiten weiter entfalten und stabilisieren.
In unsicheren Zeiten ist es die Resilienz, die uns nicht nur hilft, den Nebel zu durchdringen, sondern auch stärker daraus hervorzugehen. Nutzen Sie die Herausforderungen der Gegenwart, um Ihren inneren Kompass zu schärfen. Denn selbst im dichtesten Nebel liegt Klarheit – wenn wir bereit sind, sorgsam weiterzugehen. Wer schon einmal erlebt hat, wie klar die Sicht nach dem Aufreißen des Nebels sein kann, der hat auch mitten im Nebel keine Angst.
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